Little Ann! Nein, nicht Tina Turner (eigentlich: Anna Mae Bullock), die zu Anfang ihrer Karriere auch als "Little Ann" auftrat ... Im Gegenteil: "Little Ann" war Ann (auch: Anna) Bridgeforth, geboren in Chicago und später mit ihren Eltern gegen Ende der 50er Jahre nach Detroit gezogen. "Little Ann", ihr späterer Bühnenname, war der Kosename innerhalb ihrer Familie, weil sie die jüngste von sieben Geschwistern war

Little Ann ist eine der zahllosen, allesamt sehr begabten Soul- und R&B-Sängerinnen der späten 60er in der Musikszene von Detroit (Stichwort: Dave Hamilton), deren Name heute nicht mehr geläufig wäre, hätte nicht die britische Northern Soul Bewegung für ihre Wiederentdeckung (und die Verbreitung ihrer wenigen Songs) in den 90ern gesorgt. In a perfect world, Ann Bridgeforth would've been a major player in the story of Detroit soul and perhaps in the story of soul music itself. Unfortunately, like so many mysterious figures in this immense story, she did not. Sie kam aus einem Elternhaus, wo Gesang und Musik zuhause waren, und ihre ersten Auftritte scheint sie im Club ("Michelle’s Playroom") eines ihrer Cousins erlebt zu haben. Dave Hamilton und andere sorgten dafür, daß Little Ann einige Songs aufnehmen konnte, doch zu ihrer aktiven Zeit wurde nur eine einzige Single von ihr veröffentlicht: Ric-Tic (RT) # 142 im August 1968 (Ric-Tic existierte von 1964 bis 1968). Tatsächlich ist sie nur auf der A-Seite zu hören (mit dem wunderbaren Going Down A One Way Street), während die B-Seite ein Instrumental (I'd Like To Know You Better) enthält. Alle weiteren Songs, die sie 1968 und 1969 aufnahm, wurden erst später – ab dem Jahr 1990 - auf alten Bändern entdeckt und von Kent / Ace Records in Großbritannien veröffentlicht, teils als 45 rm vinyl Singles (z.B. Town # 121, Kent Label), teils auf CD-Samplern (ab Ende der 90er). Einige Takes wurden für die Veröffentlichung gegenüber den Versionen auf den Bändern geändert.

Little Ann trat 1969 in Detroit in "Larry’s Playroom" auf. Auf einem Plakat vom Dezember 1969 wird sie wie folgt angekündigt: Darrell Enterprises presents Friday, Saturday and Sunday Anna (!) Bridgeforth "Little Ann", auf einem anderen als Anne (!) Bridgeforth, Song Stylist. In einer Zeitungsnachricht aus demselben Jahr heißt es: New Feature – Singer Ann Bridgeforth (Little Ann) launches the new show policy of Larry’s Playroom, 8121 Linwood. The recently renovated club now features entertainment Thursday through Sunday. Ihre Karriere kam aber kaum voran, zumal von ihr nur eine einzige Single veröffentlicht war, und so ging sie Anfang der 70er Jahre nach Kanada; ihre anderen bereits aufgenommenen Songs landeten in der Schublade. Nachdem die britische Soul-Szene ihre vergessenen Songs wiederentdeckt hatte, besuchte Little Ann Großbritannien und wurde dort gefeiert, was ihr alles in allem recht peinlich war. Im Zusammenhang mit diesem Anlaß entstand auch das unten verlinkte Video.

• Going Down A One Way Street (RT # 142-A, 1968)
• Along Came A Woman
• Deep Shadows
• Lean Lanky Daddy
• Possession
• Sweep It Out In The Shed
• The Smile On Your Face
• What Should I Do?
• Who Are You Trying to Fool?

Little Ann starb im Februar 2003 an Nierenversagen: Ann Bridgeforth, an employee at the Marysville (Mich.) Parts Distribution Center who had toured and recorded as a rhythm and blues singer known as "Little Ann" in the ’60s and ’70s, died (...) from complications associated with kidney disease. Bridgeforth had waited several years hoping for a donor to come forth.

• The Golden World Story: Little Ann
• Ady Croasdell im Booklet zu Hamilton’s Detroit Dancers, Volume 3 (CDKEND # 257, Ace Records 2006)
• Soulful Kinda Music Magazine No. 37: Little Ann Interview

Who Are You Trying To Fool?